Interview mit Didi Kühbauer

"Ich bereue nichts!"
Didi Kühbauer ist eine Rapid-Ikone. In der Saison 1992/93 landete der inzwischen 38-Jährige in Hütteldorf, zog den Kult-Klub aus dem Sumpf der späten 80er- und frühen 90er-Jahre und feierte die größten Erfolge seiner Karriere. Mit den Grünweißen holte er den Cup (1995), den Meistertitel (1995/96) und stand im Europacup-Finale der Cupsieger (1996). 39 Tore schoss Didi in 176 Bewerbs-Spielen für den SCR. Der Heißsporn gehörte zur inzwischen selten gewordenen Spezies der "Wachrüttler" und "Dazwischenhauer", dessen Kampfgeist legendär ist. Noch selten vereinte ein Spieler die Tugenden Rapids so perfekt wie Didi Kühbauer. Seine Führungs-Qualitäten stellte der Mittelfeld-Motor auch bei anderen Vereinen unter Beweis. "Don Didi" setzte sich trotz aller Probleme bei Real Sociedad durch, wurde Kapitän des VfL Wolfsburg und führte seinen Stamm-Verein Mattersburg zum dritten Platz in der Meisterschaft und ins internationale Geschäft. Im Juni 2008 beendete der Burgenländer seine aktive Karriere und begann wenig später eine neue – seit Dezember 2008 betreut Kühbauer die Admira Amateure.
Zum Interview erscheint der sympathische Ex-Teamspieler (55 Spiele, 5 Tore)
pünktlich und mit Kinderwagen. Während die ältere Tochter Emily im Kindergarten
ist, zeigt er im Umgang mit der entzückenden Kim(i), dass er auch als Vater sehr
talentiert ist. Und obwohl ich mit Didi Kühbauer vorher noch nie ein Interview
hatte und ihn auch nicht persönlich kenne, stellt er gleich klar, dass Siezen
gar nicht geht. Er sei der Didi. Aus – Punkt – Basta! Mir kommt dieser offene
Zugang sehr gelegen, denn ich habe ihn als Fan immer mit „Didi" tituliert. Und
Didi Kühbauer ist mein absoluter Lieblings-Rapid-Spieler ever, für mich die
Personifikation Rapids! Dazu stehe ich, dabei bleibe ich, trotz Fußballgott
undsoweiterundsofort. Zumindest bis wieder so ein talentierter und
torgefährlicher Wachrüttler und Dazwischenhauer in Hütteldorf landet. Aus –
Punkt – Basta!
Didi, Gratulation zu 7 Punkten aus den letzten drei Spielen. Wie
zufrieden bist Du mit dem Beginn Deiner Trainer-Karriere?
Eigentlich
waren es 13 Punkte aus den letzten fünf Spielen. Dafür hat es aber mit drei
Niederlagen begonnen. Überhaupt habe ich alles in meiner Karriere mit einer
Niederlage begonnen, bei jedem neuen Klub. Insofern habe ich auch bei meinem
Start in die Trainer-Laufbahn damit rechnen müssen. Ich habe geglaubt, dass ich
es vielleicht ändern kann, aber es hat nicht funktioniert. Mir taugt's im Moment
jedenfalls.
Wie würdest Du Dich selbst als Trainer
beschreiben?
Anders, ganz anders als in meiner Zeit als Spieler. Es
ist halt ein gewaltiger Unterschied, immerhin führst du 20 verschiedene
Charaktere. Als Spieler habe ich mir von meinen Kollegen erwartet, dass sie
genauso mitziehen wie ich selbst und dass sie das, was ich ihnen vorlebe,
nachmachen. Vielleicht hat der Nebenmann nicht deine eigene Qualität, aber vom
Einsatz-Willen her kann er es in jedem Fall bringen. Und genau das muss er
können! Das muss für einen Profi eine normale Sache sein. Um das umzusetzen, bin
ich schon Mal lauter geworden. Als Trainer muss man da schon mehr aufpassen,
weil man nicht alle Spieler über einen Kamm scheren kann. Ich bin nach wie vor
lautstark im Training, aber nicht mehr so, wie ich es als Spieler war.
Eigenartig, dass gerade ich das sage, aber Disziplin ist für mich schon sehr,
sehr wichtig. Allerdings brauche ich auch nicht nur Ministranten – die gehören
nämlich in die Kirche und nicht auf den Fußball-Platz. Dort brauchst du eben
auch Emotionen. Zusammenfassend könnte man sagen, dass mir ein Zwischending
taugt, eine disziplinierte Grätzn vielleicht. Aber noch einmal: Den Trainer
Kühbauer kann man nicht mit dem Spieler Kühbauer vergleichen, weil es einfach
ein komplett anderer Job ist. Bisher habe ich das so eingehalten und das werde
ich auch weiterhin so machen.
Wenn man sich die Oldies Vastic, Mayrleb und Baur anschaut und
miteinbezieht, wie sehr Du in Mattersburg fehlst – hast Du Deine Karriere
vielleicht zu früh beendet?
Ich wollte immer als sehr guter Spieler
von der Fußball-Bühne abtreten und den Fans in bester Erinnerung bleiben. Man
sollte sich mit Respekt an mich erinnern. Tut mir leid, aber ein Ivo Vastic war
schon letzte Saison nicht mehr der Alte und heuer eiert er überhaupt herum. So
einen Abgang wollte ich mir selbst ersparen. Eigentlich wollte ich ja ein Jahr
Pause machen und mich noch mehr um meine zwei Kinder kümmern. Aber ich habe
neben der Admira auch noch ein paar andere Angebote gehabt und mich
schlussendlich für's Weitermachen als Trainer entschieden. Und ich darf mich
nicht beklagen, weil ich bei aller Arbeit noch immer genügend Zeit für meine
Familie habe. Als Profi hatte ich noch mehr Freizeit. Das können die Kicker von
heute gar nicht mehr schätzen. Manche beklagen sich sogar – das ist für mich ein
krankes Verhalten.
Weg von der Gegenwart in die Vergangenheit. Wie bist Du als Kind zum
Fußball gekommen?
Mein vier Jahre älterer Bruder war immer mein
Vorbild, wegen ihm habe ich zum Kicken angefangen. Außerdem hatten die Kinder
damals nicht das Angebot von jetzt. Heutzutage interessieren sich viele Kinder
eine Woche für Judo, eine Woche für Skateboarden und nächste Woche wollen sie
wieder etwas anderes machen. Für mich hat's damals zum Kicken vielleicht noch
die Alternative Tennis gegeben, das war's dann! Aber für mich war immer klar,
dass ich Fußball spielen will.
Was hat Dich nach Mattersburg gebracht? Du bist ja in Heiligenkreuz
(Niederösterreich) geboren.
In Heiligenkreuz wurde ich eigentlich
nur geboren, weil mein Vater damals dort gehackelt hat. Wir sind aber ziemlich
bald nach Mattersburg gezogen und ein Mattersburger bin ich auch!
Hast Du eine spezielle Jugend-Erinnerung an ein beeindruckendes
Fußball-Spiel, das Dich motiviert hat, Profi zu werden?
Kein
Fußball-Spiel war der Auslöser, sondern vielmehr meine Situation. Meine Eltern
haben für uns Kinder immer alles getan, aber Geld war nicht im Überfluss da. Wir
haben uns nach der Decke strecken müssen. Deshalb war bei mir immer der Ehrgeiz
vorhanden, dass ich selbst ein besseres Leben führen will bzw. meinen Kindern
mehr ermöglichen möchte. Das hat mich angespornt. Viele Junge heute haben
ohnehin fast alles. Bei denen ist der Ehrgeiz dann nicht mehr so ausgeprägt.
Vielleicht schaffen auch deshalb immer mehr Migranten-Kinder den Durchbruch,
weil sie – wie ich – keinen Luxus hatten. Du brauchst immer ein Ziel vor Augen.
Nur zum Spaß mache ich andere Sachen (grinst).
Wer war Dein größter und wichtigster Förderer?
Der
Pucher, aber nicht der Martin, sondern sein Bruder Robert. Der hat mich immer
als Mensch und Freund behandelt, mich nie als Fußball-Aktie gesehen. Außerhalb
von Mattersburg, auch bei der Rapid, haben sie sich eher lustig über ihn
gemacht. "Schaut's, da kommt der Herr Friseur!" haben sie alle gesagt, weil der
Robert einen Friseur-Laden in Mattersburg gehabt hat. Dabei hat er sich sehr gut
ausgekannt und mich immer nach bestem Gewissen beraten. Und mein zweitgrößter
Förderer war der Martin Pucher. Auch ein Super-Typ!
Du hast bereits mit 16 Jahren bei der Admira Dein Bundesliga-Debüt
gegeben, bist aber "erst" mit 21 ins Nationalteam einberufen worden. Heute kommt
man oft früher ins Team - war die damalige Spieler-Generation so
stark?
Schon. Ich hätte aber sicher früher debütiert, wenn mich
nicht eine schwere Verletzung zurückgeworfen hätte. Heute sind aber wirklich
andere Top-Spieler da als zu meiner Zeit, weichere. Das kann man nicht
vergleichen. Und dass jemand wie der Pehlivan, den ich nebenbei für einen guten
Kicker mit viel Spiel-Intelligenz halte, nach fünf Bundesliga-Partien schon im
Nationalteam dabei ist – das hätte es früher mit Sicherheit nicht gegeben.
Wie war die WM 1998 in Frankreich aus Deiner
Sicht?
Oasch! Viele Leute habe unsere Leistungen besser geredet und
geschrieben als sie es tatsächlich waren. In Wirklichkeit waren die meisten
Leistungsträger total außer Form. Ich, der Herzog, der Toni (Polster,
Anm.) – wir alle waren nicht gut drauf. Der einzige, auf den das nicht
zugetroffen hat, war Wolfgang Feiersinger. Der hat eine Bomben-WM gespielt. Bei
der Heim-EM im letzten Jahr war's ganz ähnlich. Da haben die Medien auch alles
viel besser dargestellt als es war. Nach dem Lesen mancher Kritiken habe ich mir
gedacht, dass ich ein komplett anderes Spiel gesehen habe. Wenn schon die
Laufbereitschaft positiv hervorgehoben wird, weiß ich auch nicht mehr! Wollen's
vielleicht einen Orden dafür, dass sie g'rennt sind? Ansonsten waren drei
Top-Chancen gegen die Polen da, sonst nix. Die eine Partie hätten wir gewinnen
müssen, aber der Rest war zum Vergessen.
Ich persönlich habe Dich wegen Deiner Fähigkeiten als Abräumer,
Spieleröffner, Antreiber und wegen Deiner Torgefährlichkeit immer mit Roy Keane
von ManU verglichen. Hältst Du diesen Vergleich für einen
Blödsinn?
Nein, gar nicht. Ich habe mir das selber auch oft gedacht!
Der Keane, der war ein Mitreißer und Dazwischenhauer, so wie ich. Halt auf einem
Weltklasse-Niveau. 15 Jahre Manchester United kann man mit meiner Karriere nicht
vergleichen. Aber es stimmt schon, als Typen waren wir vom selben Schlag.
Bei Rapid entstand mit Dir ein Weg aus dem Tal, der in großen
Erfolgen gipfelte. Was hat den Ausschlag für den Erfolg gegeben?
Die
Kameradschaft und die Eingeschworenheit! Wir haben als Team einfach super
funktioniert. Der Schmäh ist gelaufen wie wahnsinnig, aber wir haben bei allem
Spaß den Fokus nie verloren. Irgendwann ist alles wie im Rausch passiert. Wir
haben die Fans zurückgeholt, weil außer auf der West gab's ja fast nur ein
überkritisches Raunzertum im Rapid-Anhang. Das hat sich damals stark geändert
und ist jetzt überhaupt ein Wahnsinn! Als ich das erste Mal nach meiner Rückkehr
zu Mattersburg wieder im Hanappi-Stadion gespielt habe, habe ich die ärgste
Gänsehaut meines Lebens gehabt! Schau' (zeigt seinen Arm her), wenn ich
drüber rede, bekomme ich gleich wieder eine!
Stephan Marasek, Zoran Barisic, Sergej Mandreko und Du wart als die
"Daltons" bekannt und berüchtigt. Kannst Du Euer damaliges Verhältnis
beschreiben und sagen, wie Euer Kontakt heute ausschaut?
Wir waren
damals die besten Freunde. Wir waren positiv verrückt, manchesmal vielleicht
sogar grenzdebil. Was wir getrieben haben, war oft an der Grenze zum Verbrechen
(lacht). Jetzt sehen wir uns natürlich viel seltener, wegen den
Familien und der Entfernung. Stephan ist in Tirol. "Zoki" sehe ich hin und
wieder und gebe ihm gute Tipps, damit er bei Rapid keinen Blödsinn macht
(lacht). Nein, im Ernst – der "Zoki" weiß schon, was er tut. Sergej ist
ja momentan in Russland. Mit ihm hatte ich noch eine schöne gemeinsame Zeit in
Mattersburg. Aber auch wenn wir nicht mehr den Kontakt von früher haben, sind
das Freundschaften, die für immer bestehen bleiben. Wenn wir uns treffen, dauert
es vielleicht fünf Minuten, bis das Eis gebrochen ist, und dann ist eigentlich
fast alles so wie früher.
Du warst bei Real Sociedad und dem VfL Wolfsburg teilweise sehr
erfolgreich. Wie würdest Du Deine Karriere fernab von Österreich heute
bewerten?
Es war alles da, der Erfolg, die Verletzungen, die
Akzeptanz und die Enttäuschungen. In Spanien war ich als "Neuer" nur bedingt
willkommen. Die arrivierteren Spieler haben mir am Anfang teilweise absichtlich
schlechte Passes zugespielt. Außerdem hatte ich auch zweimal mit dem
Schlüsselbein Probleme und andere Verletzungen. Bei Wolfsburg lief es eindeutig
besser. Da war ich nach der ersten Saison schon Publikums-Liebling. Leider hatte
ich mit dem kicker Probleme. Bei einem geplanten Interview wollte ich noch
vorher unter die Dusche und habe gegenüber dem ungeduldigen Journalisten darauf
bestanden. Ab diesem Zeitpunkt hat mich dieses Blatt ignoriert und ich habe es
auch nicht mehr gelesen. Aber viel schlimmer war, dass sich mein Trainer
Wolfgang Wolf als linke Bazille herausgestellt hat. Unter vier Augen hat er mit
seiner gespaltenen Zunge A gesagt und vor den Medien Z. Und meine Mitspieler
haben mir unter der Dusche noch Recht gegeben, aber vor dem Trainer haben sie
ihre feigen Mäuler brav gehalten.
Deine Karrierre begann und endete in Mattersburg. War eine Rückkehr
zu Rapid für Dich je ein Thema, oder wolltest Du unbedingt nach
Mattersburg?
Ich wollte eigentlich unbedingt zu Rapid. Mit den
Verantwortlichen habe ich mich im Grünspan zu Verhandlungen getroffen. Aber das
Angebot war lächerlich, eine Beleidigung! Man wollte mir, weil ich im Ausland eh
schon einige Jahre sehr gut verdient hatte, soviel zahlen wie den
Bankerldrückern. Was ist das bitte für eine Begründung?! Ich kann es nur
betonen: Geld war für mich zwar nie das Wichtigste, aber eine gewisse
Anerkennung hätte ich mir schon gewünscht. Ich hätte ein absoluter
Führungs-Spieler sein sollen mit dem Gehalt eines Reservisten. Das war's für
mich dann! Da bin ich lieber nach Mattersburg gegangen. Dort habe ich zwar
weniger verdient, als ich es beim SCR getan hätte, aber vom Gefüge her war meine
Entlohnung okay. Jahre später wäre es fast wieder zu einem Wechsel nach
Hütteldorf gekommen. Der Peter Pacult wollte mich haben, und Martin Pucher hätte
mich aufgrund meiner Verdienste auch ablösefrei wechseln lassen. Ich war aber
fair und habe gesagt, dass ich nicht mehr lange spielen werde und es sich bei
allem Reiz wohl für beide Seiten nicht mehr auszahlt. Eines will ich noch
hinzufügen: Die beiden Meistertitel Rapids 2005 und 2008 waren ein Wahnsinn,
aber mit mir wären es sicher noch ein, zwei Titel mehr geworden!
Du bist sechsmaliger Sieger der Krone-Fußballer-Wahl. Was macht Dich
so populär?
Keine Ahnung, wahrscheinlich meine Ecken und Kanten,
mein Einsatz und meine absolute Identifikation mit vor allem Rapid. Weil es von
den Fans gekommen ist, waren und sind diese Preise eine große Auszeichnung für
mich. Ich war nie ein großer Journalisten-Freund, habe mir nie Deals ausgemacht,
wie viele andere Fußballer das heute machen. Bei allem Respekt – der Helge Payer
ist für österreichische Verhältnisse ein guter Tormann, aber von der Klasse
eines Herbert Feurer oder Michael Konsel kann er nur träumen, wird wohl nie
deren Level erreichen. Wenn wir gegen Rapid gespielt haben, war immer klar –
eine Flanke nach der anderen Richtung Payer. In den Medien kommt er aber rüber,
als wäre er das Jahrhundert-Talent unter den Torhütern. Von wegen Deals mit
Journalisten.
Wie würdest Du Deine Beziehung zu den Rapid-Fans früher und heute
beschreiben?
Früher war das eine Liebe, unglaublich! Wie gesagt –
wir haben auch viele Fans nach Hütteldorf ins Stadion geholt und ich war
Publikums-Liebling. Was sich aber heute im Hanappi-Stadion abspielt, ist fast
nicht zu glauben. Das ist einzigartig in Österreich und hat echt internationales
Niveau! So viele Dosen kann Red Bull gar nicht verkaufen, dass sie diese
Stimmung jemals haben werden. Ich habe ja schon von meiner Ganslhaut erzählt,
die ich bei meiner Rückkehr hatte. Unglaublich, habe ich zu mir selber gesagt –
schade, dass du das nicht öfters miterleben kannst. Und jetzt ist es ja sogar
noch besser!
Leider kam es auch zu einem weniger lustigen Zwischenfall. In
Mattersburg haben die Rapid-Fans unseren Tormann mit Feuerzeugen beworfen. Da
bin ich zu einem Rapid-Spieler gegangen und habe gesagt, dass er die Fans
beruhigen soll. Ich will seinen Namen nicht nennen, aber er hat verweigert, weil
er es sich nicht mit dem Anhang verscherzen wollte. Das ist für mich ein
Armuts-Zeugnis! Ich bin dann selbst zu den Rapid-Fans gegangen und habe mit
einem Scheibenwischer gesagt, dass sie sich nicht an unserem Goalie abreagieren
sollen, nur weil ihre eigene Mannschaft schlecht spielt. Nachher hat es
geheißen, dass ich einem Fan angeblich den Stinkefinger gezeigt haben soll. So
ein Blödsinn! Beim darauffolgenden Spiel im Hanappi-Stadion habe ich auf der
"West" das Transparent "Kühbauer – zerstöre Deine Legende nicht!" gelesen. Das
hat mich schwer getroffen, war meine einzige Enttäuschung in punkto Rapid-Fans.
Ansonsten erinnern sich – glaube ich – noch ein paar Leute, dass ich mein
Herzblut literweise für diesen Verein vergossen habe.
Themenwechsel. Gibt es für Dich einen Lieblings-Trainer bzw. einen,
dem Du lieber nie über den Weg gelaufen wärst?
Mein
Lieblings-Trainer war der Sigi Held in meiner letzten Zeit bei der Admira. Der
hat gewusst, wie er mich angreifen und steuern muss. Bei den Trainer-Nieten mag
ich jetzt keine Namen nennen.
Könntest Du Dir vorstellen, in Zukunft auch bei der Rapid als Trainer
zu arbeiten?
Natürlich, wer will das nicht?! Ich müsste ja deppert
sein, wenn nicht. In Österreich gibt es keinen Klub, der dich nur annähernd so
groß machen kann wie Rapid. Aber bis dorthin ist es noch ein weiter Weg. Ich
hole mir jetzt bei den Admira-Amateuren das Rüstzeug für den Job als Trainer und
gehe den Weg von Anfang an. Ich hatte auch von anderen Vereinen tolle Angebote,
wollte aber nicht zu früh bei einer Spitzen-Mannschaft beginnen. Der Hans Krankl
hat wahrscheinlich auch zu zeitig die Rapid trainiert. Ich lasse mir Zeit, dann
wird sich der Rest schon ergeben. Ein Traum wäre es schon, Rapid zu trainieren.
Eines kann ich aber versprechen: So viel Geld gibt es auf dem ganzen Planeten
nicht, dass ich jemals bei der Austria arbeiten würde. Egal welcher Job, und
wenn ich mir das Geld dort nur abholen müsste.
Deine Derby-Duelle mit Andreas Ogris sind Legende. War es nur
logisch, dass die beiden emotionalsten Spieler beider Vereine
aneinandergeraten?
Auf dem Feld habe ich die Austria gehasst wie die
Pest. Auch nach dem Spiel war ich nicht der beste Freund von irgendeinem
Violetten, und ich mag sie auch bis heute nicht. Das Nase-an-Nase-Bild mit dem
Ogris ist wirklich Legende. Bei einem Derby war ich halt noch mehr unter Strom
als normal.
Die Meisterfrage ist in der heurigen Saison geklärt. Wer steigt
Deiner Meinung nach ab – Mattersburg oder Altach?
Ja leider, Meister
wird Rapid heuer nicht mehr. Ansonsten bleibt Mattersburg in der Liga, das sagen
mir Herz und Hirn. Wenn eine Mannschaft solange nichts gewonnen hat und trotzdem
nicht abgeschlagen Letzter ist, dann packt sie es. Außerdem ist es den Rapidlern
sicher lieber, nach Mattersburg als nach Altach zu fahren. Wobei Rapid ja nur
das erste Spiel in Mattersburg gewonnen hat. Danach gab's in meiner Zeit im
Pappelstadion nur mehr Niederlagen für Grün-Weiß und ein paar Unentschieden.
Deine Meinung zu Steffen Hofmann?
Ein wunderbarer
Techniker. Ich will ihn aber nicht mit mir vergleichen. Als Menschen sind wir
grundverschieden. Mir ist er viel zu brav. Im Gegensatz zu Steffen Hofmann habe
ich mir nie die Schneid abkaufen lassen! Ich kann das sagen, weil ich Steffen
selbst öfters die Schneid abgekauft habe.
Schlägt Dein Herz auch für einen ausländischen Verein oder bewunderst
Du die großen Klubs nur aus der Distanz?
Ich liebe Barca! So sollte
Fußball ausschauen. Das ist genial, einfach eine andere Liga.
Zum Thema Schiedsrichter: Warst Du das "Häferl" oder die Referees die
"Bösewichter"?
Du bekommst nicht 100 gelbe Karten, wenn immer nur
der Schiedsrichter Schuld ist. Und natürlich war ich ein "Häferl"! Wenn mich ein
Spieler verletzten wollte, dann habe ich dieses Spiel über 90 Minuten
mitgespielt und ihn meine harten Knochen spüren lassen. Mich zipft aber an, dass
die Schiedsrichter geschützt sind ohne Ende. Weil der Kapl so auf sie aufpasst,
werden sie nie richtig zur Verantwortung gezogen. Bei einem Spieler ist das
anders. Außerdem muss ich noch sagen: Irren ist menschlich, aber einen Fehler
nicht zugeben ist letztklassig.
Siehst Du aktuell einen Kühbauer-Nachfolger bzw. welcher Spieler in
Österreich kommt Deinem Typ am nächsten?
Von der Art, vom Charakter
her keinen – leider oder Gott sei Dank, wie man es halt sehen will. Wenn ich
gemerkt habe, dass das Spiel meiner Mannschaft einschläft, habe ich entweder
dazwischen gehaut oder eine hitzige Diskussion mit dem Referee begonnen. Heute
gibt's diese Wachrüttler nicht mehr. Die heutige Kicker-Generation ist viel zu
brav. Brav sein muss ich aber eh schon zuhause bei der Frau, da brauche ich das
nicht auch noch auf dem Spielfeld.
Ein Abschluss-Kommentar?
Die Entscheidungen in meiner
Karriere waren vielleicht nur zu 80% richtig, aber ich bereue nichts! Denn ich
habe mich nie verbiegen lassen und bin der geblieben, der ich bin – 100% Didi
Kühbauer.
(grela)
Interview vom 22. 04. 2009
10 Fragen zum besseren Kennenlernen:
Lieblings-Elf aller Zeiten?
Für mich gibt's keine
ultimative Top-Elf. Aber der Maradona ist für mich gestern, morgen und in
hundert Jahren der Beste aller Zeiten.
Das beeindruckendste Stadion, in dem Du je gespielt
hast?
Nou Camp, alleine von der Geschichte her!
Deine größte Niederlage am Fussball-Platz?
Ganz klar
Brüssel. Weil ein Europacup-Finale für einen österreichischen Verein einfach
nicht selbstverständlich ist.
Rapid ist...
...der Klub schlechthin in Österreich. Da
geht nix drüber!
Kottan oder Columbo?
Weder noch. Beides ist Kult, aber
für mich absolut kein Muss.
Dein liebster Platz außerhalb von Österreich?
Barcelona –
einfach eine Wahnsinns-Stadt. Aber Österreich ist noch immer am schönsten.
Wovor hast Du Angst?
Vor meiner Frau, wenn es später
geworden ist. Nein, ernsthaft: Krankheiten, vor allem, wenn man ihnen hilflos
ausgeliefert ist.
Eine Marotte?
Ich habe lange überlegt, aber mir ist keine
eingefallen. Ich hab' auch nie ein Fussball-Ritual gehabt. Außerdem bin ich
schon von Haus aus naturdeppert, da brauche ich keine Marotte mehr.
Welches Talent hättest Du gerne, hast es aber nicht?
Ein
Musikinstrument (Gitarre, Schlagzeug etc.) perfekt spielen zu können, war immer
ein Traum für mich. Leider geht das nicht von alleine, und so habe ich nach
einem Jahr mit dem Gitarrespielen aufgehört. Ohne Üben funktioniert's halt
nicht.
Der schönste Moment Deines Lebens?
Die Geburten meiner
beiden Töchter, ganz klar!
Quelle: www.forza-rapid.at